23.12.2020

Beeindruckende Videokonferenz mit Collecchio

Im Mittelpunkt der zweistündigen Videokonferenz zwischen den Partnerstädten Butzbach und Collecchio stand dieses Mal das deutsche und italienische Gesundheitswesen mit einem besonderen Focus auf die derzeitige Lage rund um Corona.

Die Collecchieser hatten eine wahre Kapazität eingeladen, Massimo Fabi, der gern bereit war, über den derzeitigen Stand in und um Parma zu informieren. Fabi studierte Medizin und Chirurgie in Parma und spezialisierte sich auf Rheumatologie an der Universität von Mailand. Im Jahr 1993 erwarb er an der Universität von Triest die Spezialisierung in Hygiene und Präventivmedizin. Von Dezember 2008 bis Februar 2015 war er General Manager des Gesundheitswesens in Parma. Nach den schweren Verläufen der Covid-Pandemie ist Fabi nun Direktor des Universitätsklinikums Parma und damit zum außerordentlichen Kommissar berufen, um eine höchst mögliche organisatorische Effizienz in dieser Notfallphase der Pandemie zu sichern.

In der Provinz Parma leben circa 450 000 Einwohner. Ihnen stehen drei große Krankenhäuser und insgesamt 25 Gesundheitszentren zur Verfügung, sogenannte Casa di Cura. In diesen Gesundheitszentren findet man Allgemein-Mediziner, die bei leichteren Erkrankungen helfen könne und Vorsorgeuntersuchungen vornehmen. Die größte Klinik und damit hat auch das größte Krankenhaus ist die Universitätsklinik in Parma.

Nach der schrecklichen ersten Welle habe man in Parma eine Anti-Covid-19 Kampagne ausgerufen und einen Bereich des Uniklinikums, der in den 60 er Jahren errichtet wurde, wiederbelebt, um dort ausschließlich infektiöse Krankheiten behandeln zu können. Man habe das Personal aufgestockt und die Dienstleistungen gesteigert, und auch in der Kontaktverfolgung habe man sich sehr verbessert, so Massimo Fabi.  Jetzt, während der zweiten Welle, habe man 1200 stationäre Patienten, davon 15 ganz schwere Fälle. Parma habe nun viel weniger Fälle als andere Regionen, man habe derzeit 1/5 der Patientenzahl verglichen mit März/ April. Außerdem habe man das Informationssystem über die Patienten verbessert. Die Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern, den Städten und Regionen, sowie den niedergelassenen Ärzten funktioniere nun ebenfalls besser.

Dr. Peter Rothkegel stellte das deutsche Gesundheitssystem vor, mit der Sozialversicherung, die in Deutschland für jeden Bürger verpflichtend ist. Der damalige Reichskanzler Otto Bismarck führte 1883 zum ersten Mal die Versicherung von Arbeitern durch Schaffung der Primärkassen in der Reichsversicherungsordnung ein. „Seit 1970 existiert unsere Gesetzliche Krankenversicherung mit Einteilung in die Primärkassen, Ersatzkassen und Privatkassen. Seither wurden unzählige Reformen durchgeführt und leider auch soziale Einrichtungen privatisiert,“ so Peter Rothkegel. Er kam auf die Corona Zahlen in Deutschland und in der Wetterau zu sprechen, mit dem Hinweis, dass das Gesundheitssystem kollabiert, wenn keine freien Intensivbetten mehr verfügbar sind. Er verwies auf die föderalistischen Strukturen mit sechzehn Bundesländern, die es erschweren, bundesweit einheitliche Lösungen zu erwirken. Auch die Medien und sozialen Netzwerke würden nicht dazu beitragen, einheitliche und einvernehmliche Lösungen zu erzielen. In Europa gebe es noch keine ausreichende Koordination, eine gesamteuropäische Planung sei wünschenswert. Deutschland habe nicht genügend Konsequenzen aus der ersten Corona-Welle gezogen, im Gegensatz zu Italien.

Bürgermeister Merle bekräftigte diese Sicht.   Man habe die erste Welle der Corona-Pandemie in Deutschland einigermaßen gut überstanden. Dies habe teilweise zu Leichtsinn geführt und man habe zeitweise die Gefahren, die von der Pandemie für die Menschen weltweit immer noch ausgehen, nicht wahrhaben wollen. Nun treffe Deutschland die 2. Welle der Pandemie besonders hart. Mit all ihren schrecklichen Konsequenzen für die Menschen. Auch die wirtschaftlichen Folgen seien immens.  Der Staat versuche durch Hilfsprogramme die existenzbedrohenden Folgen für die betroffenen Wirtschaftszweige abzumildern.

Die Bürgermeisterin Maristella Galli berichtete, dass die Gastronomie mit 700-1000 € in Italien unterstützt werde, es sei nicht viel, aber die Miete könne immerhin davon bestritten werden. Die Hilfe untereinander funktioniere gut. Sie halte außerdem die Bürger z.B. über Facebook über die Fallzahlen und Erfordernisse in der Pandemie auf dem Laufenden.

Bürgermeister Merle sagte, dass die Butzbacher Zeitung auch während der Pandemie das wichtigste Organ zur Information der Bevölkerung sei. Darüber hinaus nutze man die städtische Homepage, Facebook und den Youtube-Kanal der Stadt. Merle bekräftigte, man sei auch weiterhin immer direkt ansprechbar für die Sorgen und Nöte der Bevölkerung. Erst kürzlich seien gespendete FFP 2- Masken an Seniorinnen und Senioren auf dem Butzbacher Marktplatz verteilt worden.

Die Collecchieser Freunde beendeten die für beide Seiten sehr informative Konferenz mit dem Film „Ein Weg für alle“ über die alten Pilgerstraße der Via Francigena, die man hoffentlich in der zweiten Jahreshälfte des nächsten Jahres mit Butzbacher Freunden bei einem Wiedersehen erwandern könne.