17.07.2024

Eine Zeitreise zur „Erfindung der Bundesrepublik“

Am 10.07.2024 fand im Museum der Stadt Butzbach eine Lesung mit Autorin Sabine Böhne-Di Leo statt. Organisiert wurde diese Veranstaltung vom Team Demokratikum in Kooperation mit der Buchhandlung Bindernagel.

Der Saal mit Plakaten zu verschiedenen Artikeln des Grundgesetztes dekoriert bietet die passende Kulisse. Zur Einleitung stellen Dr. Andrea Soboth, die auch die Moderation des Abends übernimmt sowie Norbert Gonter und Michael Mentz vom Magistrat der Stadt Butzbach sowie Manuel Volp, Stadtverordneter, jeweils kurz einen Artikel zum Grundgesetz vor, der für sie ganz persönlich eine besondere Bedeutung hat. Gewählt werden dabei von den Magistratsmitgliedern die wichtigen Artikel am Anfang des Grundgesetzes zur Unantastbarkeit der Würde des Menschen, der Meinungsfreiheit und der Gleichheitsgrundsatz. Aber auch die Selbstverwaltungsgarantie, die es ermöglicht, dass in einer Kommune Demokratie gelebt werden kann (Art. 28 Abs.2 Satz 2) hat für Manuel Volp für die Arbeit als Stadtverordneter eine wichtige Bedeutung.

„Das Buch liest sich eher wie ein Krimi, als ein juristisches Werk“ sagt Moderatorin Dr. Andrea Soboth dann als Überleitung vor dem gut gefüllten Saal zur Lesung der aus Ansbach angereisten Autorin und studierten Politikwissenschaftlerin Sabine Böhne-Di Leo.

Die Zuhörenden werden auf eine faszinierende Zeitreise ins Jahr 1948/49 mitgenommen. Sie schildert lebendig den Alltag zwischen Trümmern und Kartoffeläckern, analysiert die Interessen der Weltmächte und erzählt, auch auf der Basis von Archivfunden, wie das Recht auf Meinungsfreiheit oder auf Asyl den Weg ins Grundgesetz fand – und warum die Gleichberechtigung von Männern und Frauen erst in letzter Sekunde aufgenommen wurde.

Im Sommer 1948 stehen große Entscheidungen an: Die westlichen Alliierten beauftragen 65 Männer und Frauen damit, eine Verfassung auszuarbeiten. Monate leidenschaftlicher Diskussionen beginnen, in denen gestritten, getrickst und geträumt wird. Wie soll es werden, das neue Land? Kurz nachdem in den drei Westzonen im Frühsommer 1948 eine neue Währung eingeführt wird, riegelt die Sowjetunion West-Berlin ab: Die Stadt ist blockiert. Die USA beschließen, zwei Millionen Menschen aus der Luft zu versorgen und schicken „Rosinenbomber“ los, von denen gleich einer der ersten abstürzt.

Während in Berlin alles auf der Kippe steht, kommt in Bonn der Parlamentarische Rat zusammen: 61 Männer und vier Frauen, die eine Verfassung schreiben sollen, darunter der Sozialdemokrat Carlo Schmid, der Christdemokrat Konrad Adenauer und der Liberale Theodor Heuss. Und dabei geht es um alles: Wie kann es eine Verfassung geben – ohne die Ostzone? Wo soll die Hauptstadt sein? Und welche Lehren sind aus dem Nationalsozialismus zu ziehen?

Zwei Ereignisse hätten Sie zum Schreiben des Buches motiviert, so die Autorin. Zum einen sei dies die Ermordung Walter Lübckes gewesen, der genau deshalb, weil er für die Werte der Demokratie eingestanden ist und gelebt hat, ermordet wurde. Und als sie die hageren Gesichter auf Fotos des palarmentarischen Rates gesehen hat und die Last empfunden hat, die diese Männer und 4 Frauen zu tragen hatten.

Sie sei sich zu Beginn des Schreibens auch nicht sicher gewesen, ob es ihr gelingen würde das historisch wichtig Thema für eine größer Menge an Menschen aufbereiten zu können, so dass es spannend ist, sich mit der Entstehung des Grundgesetztes zu befassen. Die Teilnehmenden des Abends sind sich nach der Lesung einig, dass dies gelungen ist. Einige nutzten auch die Möglichkeit das Buch am Büchertisch zu erwerben und es sich von der Autorin signieren zu lassen.

Zur Autorin: Sabine Böhne-Di Leo, studierte Politikwissenschaft in Münster und Perugia. Sie arbeitete als Reporterin und Autorin für Magazine wie Stern und Geo. Seit 2009 ist sie Professorin für Journalismus und Politik an der Hochschule Ansbach.

Foto: André Haußmann