21.03.2023

Afghanische Männer sprechen über Familie, Liebe und Männlichkeit

Gemeinwesenarbeit im Degerfeld: Dialogveranstaltung mit FIM e.V

Die Gemeinwesenarbeit im Degerfeld lud kürzlich mit dem Verein „Frauenrecht ist Menschenrecht“ (FIM e.V.) afghanische Männer in den Treffpunkt Degerfeld ein. Unter dem Slogan „Männer-Toleranz-Café“ kamen die Teilnehmer mit männlichen Multiplikatoren von FIM e.V. ins Gespräch. Was in den letzten Jahren bereits in sehr guter Zusammenarbeit mit der Gemeinwesenarbeit in Gesprächsformaten für zugewanderte Frauen funktionierte, ging nun mit einer Pilotveranstaltung für männliche Zugewanderte im Degerfeld an den Start.

FIM e.V. ist ein Verein aus Frankfurt, der sich laut Titel im Schwerpunkt mit Frauen beschäftigt. Selbstermächtigung, Orientierung in der deutschen Gesellschaft und gesellschaftliche Teilhabe stehen im Fokus. Der Wunsch, entsprechende Veranstaltungen für Männer ebenfalls anzubieten, war bereits länger vorhanden. Nun profitiert Butzbach von der Zusammenarbeit der Gemeinwesenarbeit Degerfeld mit FIM e.V., welche im vergangenen Jahr nun männliche Multiplikatoren ausgebildet und zertifiziert hat, um auch Empowerment-Formate für männliche Zugewanderte anbieten zu können.

Auf Augenhöhe kamen im peet to peer Ansatz die muttersprachlichen Multiplikatoren Farid Ahmad Siddiqee und Danyal Soltanizadeh mit 10 teilnehmenden Afghanen aus Butzbach miteinander ins Gespräch. Mit interaktiven theaterpädagogischen Mitteln wurden Rollenspiele durch die Leiter initiiert, die eine Gesprächsgrundlage eröffneten. So kamen die Männer schnell in Austausch über Themen wie die Rolle der Männer und Männlichkeit in den gesellschaftlichen migrantischen Strukturen. Dicke Bretter wurden angesprochen wie etwa Zwangsheirat und Patriachat. Die Männer tauschten sich über Entwicklungschancen ihrer Familien in Deutschland aus, insbesondere die ihrer Frauen und Töchter. So ging es um Familie und auch Teilhabe an Bildung. Zafer Cin von FIM e.V. sagte am Ende der Veranstaltung: „Alle kamen schnell und offen mit uns ins Gespräch. Alle Männer sehen hier in Deutschland die gesellschaftlichen Chancen und wollen auch, dass ihre Frauen und Töchter Bildung genießen. Also das, was in Afghanistan durch die gesellschaftlichen Bedingungen verwehrt blieb.“

Patriarchale Gesellschaftsstrukturen aus dem Herkunftsland der angesprochenen Männer treffen nun in Deutschland auf eine menschenrechtsbasierte demokratische Gesellschaft. Respekt war der Grundsatz des Gesprächsanlasses, sich über Rollenbilder und die Auseinandersetzung mit dem Leben in Deutschland zu beschäftigen. FIM e.V. und die Gemeinwesenarbeit verfolgen mit diesem Ansatz auf Augenhöhe und mit der Arbeit  mit Multiplikatoren, die sich selbst sicher in beiden Kulturen bewegen und diese kennen, eine Begleitung der Zugewanderten auf ihrem Weg in eine gesellschaftliche Teilhabe in der neuen westlichen Kultur Deutschlands. Die Gemeinwesenarbeit möchte die Vielfalt unserer Butzbacher Stadtgesellschaft im Degerfeld positiv begleiten und Begegnungsräume eröffnen, um über gesellschaftliche Aushandlungsprozesse miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Männer von FIM e.V. traten hier als Mittler und Orientierungsgeber für die geflohenen Männer aus Afghanistan im demokratischen Wertesystem auf. Es konnte eine sehr positive und offene Atmosphäre geschaffen werden, so dass die Teilnehmer sofort nach einer Fortsetzung fragten. Die Gemeinwesenarbeit wird gefördert aus Mitteln der Stadt Butzbach und aus Mitteln des Hessischen Sozialministeriums.

Gemeinwesenarbeiterin Carolin Wirtgen mit den Multiplikatoren von FIM e.V. Farid Ahmad Siddiqee, Zafer Cin und Danyal Soltanizadeh.