11.02.2022

Vergaberichtlinien bei der Vergabe von Baugrundstücken der Stadt Butzbach

I. Präambel

Durch den Verkauf von städtischen Bauplätzen in Wohnbaugebieten zur Bebauung mit Eigenheimen möchte die Stadt Butzbach zur Förderung des privaten Wohnungsbaus beitragen. Diese Vergaberichtlinien finden daher keine Anwendung auf Baugrundstücke, für die Geschosswohnungsbau/Mehrfamilienhäuser vorgesehen sind. 

Die Stadt Butzbach verfolgt mit den vorliegenden Vergaberichtlinien das Ziel, den sozialen Zusammenhalt der Bürgerinnen und Bürger der Stadt zu stärken und zu festigen (§ 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB). Ohne die Vergaberichtlinien wäre die in der Stadt verwurzelte und auch die auswärtige Bevölkerung zu großen Teilen nicht in der Lage, Grund und Boden zu Wohnzwecken zu erwerben.

Die Vergaberichtlinien dienen dazu, dauerhafte, langfristige und nachhaltige Sesshaftigkeit in der Stadt zu ermöglichen, weil diese die soziale Integration und den Zusammenhalt in der örtlichen Gemeinschaft maßgeblich stärkt (§ 1 Abs. 6 Nr. 2, 3 und 4 BauGB). Um den Erhalt der Sozialstruktur und die Bindung an die örtliche Gemeinschaft zu fördern, sollen daher auch diejenigen Bewerber* berücksichtigt werden, die früher (innerhalb der letzten zehn Jahre) mehr als drei Jahre in der Stadt Butzbach gewohnt haben, aber zum Beispiel aufgrund von Ausbildung und/oder Studium/Beruf die Stadt Butzbach verlassen mussten und nun gerne wieder zurückkehren möchten. Ebenfalls sollen familiäre Bindungen Berücksichtigung finden, indem bei den Wertungskriterien auch bereits seit mehr als drei Jahren in der Stadt Butzbach lebende besonders enge Angehörige der Bewerber in die Punktevergabe einfließen.

Da die sozialen Ziele sowie die Ziele der Stärkung der örtlichen Gemeinschaft gleichberechtigt nebeneinanderstehen sollen, wurde bei dem Wertungskriterium der Anzahl der minderjährigen Kinder eine Grenze bei maximal drei berücksichtigungsfähigen Kindern gezogen. Dadurch wird vermieden, dass sich die Vergabe wesentlich nur über die Anzahl der Kinder entscheidet.

Insbesondere soll jenem Personenkreis die Bildung von Wohn- bzw. Grundeigentum ermöglicht werden, welcher bislang noch nicht darüber verfügt. Es sind daher nur Personen antragsberechtigt, die nicht bereits Eigentümer oder Erbbauberechtigter oder Berechtigter eines eigentumsähnlichen Rechts (z. B. Nießbrauch) eines unbebauten Grundstücks sind, das als Bauplatz für Wohngebäude von diesen verwendet werden kann. Gleiches gilt für Personen, die bereits über ein eigenes Grundstück mit Wohngebäude verfügen können.

Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft werden mit Blick auf den besonderen Schutz von Ehe und Familie durch Art. 6 GG vorliegend besonders berücksichtigt. Das gilt auch im Hinblick auf die Förderung von Familien für in einem gemeinsamen Haushalt lebende unverheiratete bzw. nicht nach LPartG verpartnerte Paare mit minderjährigen Kindern.

Auch Alleinerziehende, die mit ihren minderjährigen Kindern oder minderjährigem Kind einen gemeinsamen Haushalt bilden, werden dabei berücksichtigt.

Insbesondere soll auch die Teilhabe von pflegebedürftigen und/oder schwerbehinderten Menschen unterstützt werden, so dass auch das Kriterium der Pflegebedürftigkeit/Schwerbehinderung in die Vergaberichtlinie einbezogen wird.

Der örtlichen Gemeinschaft dienen auch diejenigen Menschen, die in der Stadt Butzbach erwerbstätig sind. Daher soll auch das Kriterium der ortsbezogenen Erwerbstätigkeit berücksichtigt werden.

Menschen, die sich in vielfältigen Aufgaben ehrenamtlich engagieren, prägen die örtliche Gemeinschaft in der Stadt Butzbach. Daher soll auch das ehrenamtliche Engagement mit Ortsbezug berücksichtigt werden. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass zu erwarten ist, dass diejenigen Bewerberinnen und Bewerber, die sich bereits ehrenamtlich engagieren, sich auch nach Erwerb eines Bauplatzes in der Stadt Butzbach weiterhin ehrenamtlich engagieren werden. Aus diesem Grund wurde auch eine bereits bestehende Zeitdauer von mehr als drei Jahren bei der Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit vorgegeben.

Da der Begriff des Ehrenamtes nicht klar eingrenzbar ist, wurde aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität die ehrenamtliche Tätigkeit auf die Bereiche beschränkt, die mit einer zeitintensiven Funktion (Sonderaufgabe) verbunden sind.

Der EU-Grundlagenvertrag von 2007 (Vertrag von Lissabon) hebt die Anerkennung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, die Stärkung des Subsidiaritätsprinzips, die Stärkung des Ausschusses der Regionen und die Sicherung der kommunalen Daseinsvorsorge als wichtige Bestandteile besonders hervor. Eine intakte, soziale wie demographisch ausgewogene Bevölkerungsstruktur ist gerade Voraussetzung für den sozialen Zusammenhalt und die soziale Integration vor Ort. Dies entspricht auch der Linie des Europäischen Gerichtshofs, der sich dahingehend geäußert hat, dass nationale Regelungen im Interesse des Ziels der Bekämpfung des Drucks auf den Grundstücksmarkt zur Erhaltung einer beständigen Bevölkerung in den ländlichen Gebieten die Grundfreiheiten beschränken dürfen.

Ein Rechtsanspruch auf Grunderwerb von der Stadt Butzbach entsteht nicht.


* Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen in dieser Richtlinie gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

II. Allgemeines

Für die Bereitstellung von Wohnbaugebieten zur Bebauung mit Eigenheimen entwickelt die Stadt Butzbach bedarfsgerecht neue Wohngebiete. Beim Magistrat der Stadt Butzbach wird vorab eine Interessentenliste für geplante Neubaugebiete im Stadtgebiet geführt. Bauwillige haben die Möglichkeit, sich unverbindlich und kostenfrei mittels des Formulars „Aufnahme in die Interessentenliste für Baugrundstücke“ in die Liste aufnehmen zu lassen. Das Formular ist auf der Homepage der Stadt Butzbach abrufbar sowie beim Fachdienst Stadtplanung, Wirtschaftsförderung, Straßen- und Tiefbau, Umwelt erhältlich.

Sobald nach Rechtskraft eines Bebauungsplans die Vergabe städtischer Baugrundstücke ansteht, werden alle in der Interessentenliste geführten Personen hierüber durch Übersendung eines einheitlichen Antragsformulars informiert.

Mit der Übersendung des Antragsformulars werden alle Interessenten in die Lage versetzt, sich bis zu einem von der Stadt angegebenen Stichtag um die dann angebotenen Baugrundstücke zu bewerben.

III. Zugangsvoraussetzungen

Die Stadt Butzbach vergibt die städtischen Baugrundstücke nur an volljährige, natürliche und voll geschäftsfähige Personen. Nur diese sind antragsberechtigt.

Antragsberechtigt sind dabei nicht Bewerber, die in der Stadt Butzbach

  • bereits Eigentümer oder Erbbauberechtigter oder Berechtigter eines eigentumsähnlichen Rechts (z. B. Nießbrauch) eines unbebauten Grundstücks sind, das als Bauplatz für Wohngebäude verwendet werden kann oder
  • bereits über ein eigenes Grundstück mit Wohngebäude verfügen können.

Der Nachweis, antragsberechtigt zu sein, ist in der dem Antragsformular beigefügten eidesstattlichen Versicherung zu erklären.

IV. Bewerbungsverfahren

Bewerbungen um ein Baugrundstück sind beim Magistrat der Stadt Butzbach gegenüber schriftlich unter Verwendung des bereitgestellten Antragsformulars mit den entsprechenden Nachweisen für die jeweiligen Angaben einzureichen.

Eine unvollständig eingereichte Bewerbung geht zu Lasten der Bewerber, indem die unvollständige Angabe/fehlender Nachweis bei der entsprechenden Bewertungskategorie nicht berücksichtigt wird.

Nach Ablauf der Bewerbungsfrist wertet die Stadtverwaltung die fristgerecht eingegangenen Bewerbungen anhand der nachstehend unter V. aufgeführten Vergabekriterien aus. Die Bewerbungen werden anhand der erreichten Punktzahl in eine Reihenfolge geordnet; ausgehend von der Bewerbung mit der höchsten erreichten Punktzahl. Übersteigt die Zahl der zu berücksichtigenden Bewerbungen die Anzahl der zu vergebenden Grundstücke, werden die nicht berücksichtigten Bewerbungen in eine Ersatzbewerberliste aufgenommen. Zieht ein Bewerber vor der notariellen Beurkundung seine Bewerbung zurück, rückt aus der Ersatzbewerberliste die Bewerbung mit der höchsten Punktzahl nach.

Über das Ergebnis der Auswertung werden die Bewerber schriftlich von der Stadtverwaltung informiert. Anschließend haben sich die Bewerber innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses Schreibens schriftlich zu erklären, ob sie erwerben wollen.

Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt die Bewerbung als zurückgenommen. In diesem Fall wendet sich die Stadtverwaltung schriftlich an einen nachrückenden Bewerber aus der Ersatzbewerberliste entsprechend der Reihenfolge der erreichten Punktzahl. Auf Grundlage der Rückmeldungen der Bewerber erfolgt das Zuteilungsverfahren.

Der Bewerber mit der höchsten Punktzahl hat als erstes die Möglichkeit, sich eines der zuzuteilenden Baugrundstücke auszusuchen. Die verbleibenden Baugrundstücke werden dann ebenfalls nach der Rangfolge der von den Bewerbern erreichten Punkten zur Auswahl gegeben.

Soweit Bewerbungen die gleiche Punktzahl erreicht haben, so entscheidet über die Rangfolge

  • zunächst die höhere Punktzahl bei den Kindern (siehe V. 1.2)
  • sodann die Höhe der erreichten Punktzahl bei der Behinderung/Pflegebedürftigkeit eines Bewerbers/Familienangehörigen aus dem Haushalt (siehe V. 1.3)
  • sodann die erreichte Punktzahl bei der ehrenamtlichen Tätigkeit (siehe V. 2.4)
  • bei dann immer noch bestehender Punktgleichheit das Los.

Soweit ein solches Losverfahren erforderlich sein sollte, erfolgt dieses in öffentlicher Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses.

Nach Zuteilung aller Bauplätze wird in öffentlicher Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses über den Verkauf der Bauplätze an die einzelnen Bewerber beraten und darüber beschlossen. Anschließend vereinbart die Stadt mit den Bewerbern, denen ein Bauplatz zugewiesen wurde, Notartermine zur Unterzeichnung der Grundstückskaufverträge und anschließender Auflassung der Grundstücksveräußerung.

V. Auswahlkriterien und punktebasierte Gewichtung

Die Reihenfolge bei der Auswahl der Baugrundstücke erfolgt gemäß der nach der aufgeführten Tabelle zu verteilenden Punkten. Die Punkte werden für gemeinsame Bewerbungen von verheirateten, nach LPartG verpartnerten oder in einem gemeinsamen Hausstand lebenden Bewerbern nur einmal ermittelt, d. h. es findet keine Addition der zu verteilenden Punkte statt. Berücksichtigt wird bei gemeinsamen Bewerbungen die höchste Einzelpunktzahl in der jeweiligen Kategorie. Soweit mehrere der unter 2.4 aufgeführten ehrenamtlichen Tätigkeiten von Bewerbern ausgeführt werden, werden auch hier nur einmal die hierfür angegeben Punkte vergeben. Die Vergabe erfolgt in der Reihenfolge der insgesamt erreichten Punktzahl der Bewerbung.

Hinweise:

Die nachstehend aufgeführten Kriterien müssen jeweils zum Zeitpunkt der eingereichten Bewerbung erfüllt sein.

Bei den nachstehend unter 2. aufgeführten ortsbezogenen Kriterien bezieht sich der Begriff „Stadt Butzbach“ auf das Stadtgebiet Butzbach incl. aller Stadtteile.

VI. Pflichten des Bewerbers eines städtischen Baugrundstückes

1. Abschluss des Grundstückskaufvertrages

Der Grundstückskaufvertrag ist baldmöglichst zu beurkunden, spätestens jedoch fünf Monate nach der Beschlussfassung über den Verkauf der Bauplätze an die einzelnen Bewerber. Sollte innerhalb dieses Zeitraums keine Beurkundung stattfinden, wird das Grundstück wieder freigegeben.

Dieses Baugrundstück wird dann an den Bewerber vergeben, der nach der Reihenfolge der erreichten Punktzahl nachfolgt; bei gleicher Punktzahl nachfolgender Bewerber entscheidet das unter IV. beschriebene Verfahren über die Rangfolge.

2. Finanzierungsbestätigung

Bevor über den Verkauf der Grundstücke in öffentlicher Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses entschieden wird, ist von jedem der potentiellen Erwerber, denen ein Grundstück zugeteilt wurde, eine Finanzierungsbestätigung über die Finanzierbarkeit des Bauvorhabens incl. Grunderwerb vorzulegen.

3. Bauverpflichtung

Der Erwerber des Baugrundstücks verpflichtet sich, den Bauplatz innerhalb von zwei Jahren nach Vertragsabschluss bzw. nach Vorliegen einer gesicherten Erschließung mit einem Wohnhaus zu bebauen und selbst zu beziehen.

Kommt der Erwerber dieser Verpflichtung nicht nach, hat die Stadt Butzbach das Recht, das Grundstück zu dem seinerzeit gezahlten Kaufpreis zurück zu erwerben. Die hierbei entstehenden Kosten für den Kaufvertrag und seine Durchführung sowie eine anfallende Grunderwerbsteuer gehen zu Lasten des seinerzeitigen Erwerbers. Das Wiederkaufsrecht wird im Grundbuch durch die Eintragung einer Auflassungsvormerkung dinglich gesichert.

4. Wertabschöpfungsklausel

Bei einem Weiterverkauf des unbebauten Grundstücks oder des bebauten Grundstücks innerhalb einer Frist von fünf Jahren, gerechnet von der Schlussabnahme des Gebäudes durch das Kreisbauamt des Wetteraukreises oder – falls diese fehlt – ab voller Bezugsfertigkeit des Gebäudes verpflichtet sich der jetzige Käufer, den Unterschiedsbetrag zwischen dem im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreis und einem zum Zeitpunkt des Verkaufs von dem Gutachterausschuss des Wetteraukreises festgesetzten Bodenverkehrswert an die Stadt abzuführen.

VII. Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am 02.02.2022 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Vergaberichtlinie bei der Vergabe von Baugrundstücken der Stadt Butzbach vom 26.08.2019 außer Kraft.

Butzbach, den 11.02.2022

DER MAGISTRAT DER STADT BUTZBACH
Stadtplanung, Wirtschaftsförderung,
Straßen- und Tiefbau, Umwelt